Eine sehr interessante Frage hast du gestellt, eisi!
Ich glaube, dass diese Frage oder der Themenbereich auch viele umgetrieben hat, die aber das Thema hier nicht aufmachen wollten. Aber ich glaube das es für jeden einzelnen leichter ist wenn man sehen oder lesen kann wie andere damit umgehen oder gar davon betroffen sind.
Betroffen sind wir alle in irgendeiner Form, dem kann sich keiner entziehen. Gerne kann ich als jemand der etwas unter dem „Durchschnittsalter“ liegt auch einen kleinen Einblick in "meinen neuen Alltag" geben.
Ich habe wie viele Andere auch erst mit der Pandiemie „offiziel erfahren“ (ich setze das bewusst in Anführungszeichen) das ich in einem Systemrelevanten Beruf tätig bin.
Als Hörgeräteakustiker darf ich dafür sorgen das etwas gehört wird. Somit stehe ich in einer vorderen Reihe und arbeite am Menschen. (Ich möchte nicht von „vorderster Reihe“ oder gar „Front“ sprechen, weil ich diese eher in der Intensivpflege und/oder in Intensivstationen sehe. Dafür meinen Höchsten Respekt!!!
). Trotzdem hält sich die Unterstützung sehr in Grenzen wenn es um die Versorgung mit Schutzmitteln geht da ich ja trotzdem viel in direkten Kontakt mit der Kundschaft stehe und mich nicht ohne weiteres hinter einer Glaswand „verbarikadieren“ kann und will. (Das soll aber bitte
nicht als jammern aufgefasst werden. Man inprovisiert halt dann, und das geht ganz gut so.)
Das Thema Disziplin ist hier schon immer ein Thema, sodass ich im Moment wenig anders mache wie zuvor. Trotzdem erkennt man wenn man täglich mit so vielen Menschen zu tun hat welche Verantwortung man in dieser Situation doch trägt. Ich abreite zu gut und gerne 85 Prozent mit der sog. „Risikogruppe“. Also Menschen die aufgrund ihres Alters oder gewisser Vorerkrankungen erwiesener Maßen eine Infektion mit dem nun weltbekannten Virus, nicht „so leicht“ wegstecken und für die die Folgen nach aktuellen Wissensstand deutlicher ausfallen. Also habe ich am Tag mindestens 8 Stunden lang eine Maske auf. Ich bin kein Brillenträger und auch nicht mein „eigener Kunde“ sodass mich die Maske im Alltag nicht sonderlich stört bis auf die Tatsache das man sich nach 28 Jahren in einer Maskenfreien Welt nun oft daran erinnern muss das „gute Stück“ nicht zu vergessen.
Ich finde die Maßnahmen aber auch aus privaten Gründen nicht übertrieben, da ich in dieser Hinsicht Rücksicht auf meine Eltern nehmen muss, kann und werde. Eine Motivation die hilft. Damit geht es mir – um die Frage zu beantworten – schlicht und einfach im Moment „ganz gut“.
Natürlich gibt es hierbei auch große Einschränkungen, das ist klar. Aber das ist jetzt so und das wird eines Tages auch nicht mehr notwendig sein. Vernünftig handeln ist halt nun das Gebot der Stunde und da ich keine Minute Medizin/Virologie studiert habe (Beruflich bedingt aber ein gewisses Grundwissen habe) erlaube ich mir, nicht das ganze Fachlich zu hinterfragen. (Ich lasse mir ja auch nicht erklären wie ich meinen Beruf auszuführen habe.)
Auswirkungen, naja da gibt es sehr viele. Negative wie positive.
Die Erste große Auswirkung war (wie viele ja mitbekommen haben) die Absage der Z-Segnung im April. Eine Veranstaltung abzusagen macht wie ich nun weiß auch einen ganzen Haufen Arbeit. Gleiches musste ich in meinen Verein erledigen, da stand eine 30-Jahr-Feier an, welche auch ersatzlos abgesagt werden musste. Schwierig abzuwägen wann es für diese Entscheidung zu früh oder zu spät ist.
Die Sozialen Kontakte fehlen einen schon. Aber eine Art Stammtischrunde mit den Freunden via Videotelefonie ist auch was lustiges. Wichtig ist glaube ich sich nicht einzuigeln sondern alternativen zu suchen „kontaktlos in Kontakt zu bleiben“.
Trotzdem war auch ich für etwas über 4 Wochen auf 25% Kurzarbeit. (Da haben es viele andere im Moment noch viel schwieriger!) Ich hatte in der Zeit Notdienst im Laden und in den 2 Stunden die ich noch arbeiten durfte mehr als genug zu tun. Gehört wird immer und das ist gut so. Die ersten 6 – 7 Wochen noch mit Handschuhen. Das war glaube ich so ziemlich die „schwierigste Zeit“. Als man mehr über das Virus herausgefunden hatte konnte man diese wieder weglassen.
Den restlichen Tag verbrachte ich in dieser „LockDown-Zeit“ tatsächlich mit dem Zetti. Viele Kleinigkeiten wurden erledigt die ich in Ruhe mit mehr Konzentration als sonst vornehmen konnte. (Sitze, Leder, Mittelkonsole, Airbagfehler, Motorraum, Innenraumtiefenreinigung, ect. …) Zuerst durfte man hier in Neumarkt ja nichtmal "nur so" herumfahren. (Also eine Tour fahren wie wir Zettianer das nennen. Auchwenn mich interessiert hätte wenn ich es als "öffentliche zur schaustellung zeitgenössicher Kunst " deklariert hätte, ob ich damit durchgekommen wäre? Eher nicht...)-(Das darf man ja offiziell immer nie, aber ja. Es wurde viel bei uns kontrolliert - unsere Polizei war anscheinend sehr froh hier mal etwas zu tun zu haben.
) Trotzdem war es ja später wieder möglich und erlaubt. Natürlich habe ich mir das nicht zweimal "erlauben" lassen sodass ich wieder meine normale Laufleistung erreicht habe.
Das Buch welches ich über meinen Verein geschrieben habe konnte ich nun auf über 200 Seiten ausbauen und auf ein Niveau heben wofür sonst wohl definitiv die Zeit gefehlt hätte. Gleichzeitig habe ich dann noch eine weitere Publikation unterstützen können die ohne Corona auch nicht erschienen wäre.
Meinen ehrenamtlichen „Nebenjob“ hier im Forum hat es auch ganz gutgetan. Mehr gelesen, viel gelernt, viel geschrieben. Wir haben uns ein paar Umfragethemen einfallen lassen. Ich bin auch der Meinung das dies Jahr hier gefühlt mehr los ist. Viele haben einiges an Ihren Autos geschraubt (Siehe Lieferzeiten bei Lebmann und Co.) und hier berichtet. (Eisi, du darfst dich hierbei gerne angesprochen fühlen
) Auch der Fotowettbewerb wurde fleißig gefüttert – gefühlt schon einmal mehr als die Jahre zuvor, was mich persönlich natürlich sehr freut. Es haben sich viele neue Mitglieder angemeldet wie letztens schon bemerkt wurde.
In den Sommermonaten hat sich das alles etwas erleichtert. Hier und da wurde sich getroffen, man ging einen möglichst normalen Alltag nach. Einfach im Rahmen des sinnvoll möglichen/notwendigen. Aktuell sehe ich wie sich die Mehrheit an die Umstände gewöhnt und damit gut umgeht. Aber wie im Straßenverkehr ist es hier auch mal so, dass der eine oder andere mal (im übertragenen Sinne) nen Burnout an der Ampel macht. Auchwenn das ja …
Naja –
Ihr wisst was ich meine… !
Ich finde wir machen das insgesamt alle ganz gut und möchte in keinem Fall mit den Entscheidungsträgern tauschen die aus objektiver Sicht nie und nimmer eine global richtige Entscheidung treffen können und werden. So wie bisher geschehen kann ich persönlich damit leben.
Wie gesagt, das wird sich alles wieder einrenken. Wir brauchen im Moment wohl nur Geduld und die schon erwähnte Disziplin.
Ich wünsche mir in der Tat eine gewisse Überlegung welche Berufe man in Zukunft aufwerten sollte, da wir alle nun (viele nicht zum ersten mal, aber noch mehr schon!) sehen mussten was unter dem Strich absolut Notwendig ist um das funktionieren einer Gesellschaft zu ermöglichen wenn es einmal nicht um wirtschaftliche Interessen geht.
Ich Danke den Themenstarter ausdrücklich für die Art und Wortwahl dieses Thema anzusprechen und freue mich auf die kommenden Beiträge.
Denn zu erfahren, wie andere damit umgehen, ist ein Blickwinkel den man gerne öfter bekommen möchte.
Also, schreibt mal los!
GrüzZze
Florian
PS: Puh, das ist jetzt doch etwas länger geworden.