Wusstet ihr dies
Die Regierung Obama hat ein Verbot erlassen, Bilder von den ungeheuren Schäden zu veröffentlichen, die die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko verursacht hat – bei der noch kein Ende in Sicht ist. Alle Welt konzentriert sich auf das Ölgeschäft von BP. Doch bei British Petroleum gibt es noch eine andere Dimension: das Unternehmen zählt weltweit zu den exponiertesten Finanzunternehmen, es operiert praktisch wie eine unregulierte Bank mit Finanzmarkt-Positionen in unbekannter Höhe, vergleichbar dem in Konkurs gegangenen Enron-Konzern und dem bankrotten Autobauer General Motors, die ebenfalls mehr in spekulativen Unternehmungen denn als Industrieunternehmen tätig waren. Ein Bankrott von BP zum jetzigen Zeitpunkt könnte einen neuen weltweiten Finanz-Tsunami auslösen, der weit schlimmer wäre als der Zusammenbruch von Lehman Bros. im September 2008.
So schrecklich die Umweltkatastrophe am Golf von Mexiko auch ist, so könnte uns doch ein noch weit größeres Desaster drohen. Die Kosten für Reinigung, Gerichtsverfahren und Entschädigungen nach der schlimmsten Umwelttragödie der Welt könnten durch British Petroleum (BP) ein Kreditereignis auslösen, das sich verheerend auf die weltweiten außerbörslichen Derivate (OTC) auswirken würde, einen nominell über 615 Billionen Dollar schweren Markt.
Niemand außerhalb der großen Derivatbanken wie Goldman Sachs, JP Morgan Chase oder Morgan Stanley weiß, wie hoch die bilanzunwirksamen Verbindlichkeiten und fremdfinanzierten Positionen bei BP sind. Diese Informationen sind streng geheim. Nach Auskunft verlässlicher Finanzmarkt-Insider schichten diese Banken gerade Billionen Dollar in andere Währungen, Swaps, Derivate, Optionen, Schulden und Equity-Portfolios um, weil sie offensichtlich einen Bankrott von BP erwarten.
Der erfahrene Finanzmarkt-Fondsmanager Jim Sinclair erklärt: „BP ist der wichtigste Player am langen Ende der Energiekurve. Wie exponiert sind Goldman Sachs’ Tochterunternehmen J. Aron, Morgan Stanley und JP Morgan Chase? Jetzt kürzt man BP den Kredit. Vertragspartner akzeptieren BP höchstens für die Laufzeit eines Jahres. So etwas hat es nie zuvor gegeben. Ein Riese steckt in der Klemme.“
Allein die Größe von BP, dem stärksten Unternehmen an der Londoner Stock Exchange, macht es zu einem bevorzugten Investment für Pensionsfonds aus aller Welt. Noch vor sechs Monaten galten BP-Aktien als eine der sichersten Investitionen. Wenn nun diese Pensionskassen gezwungen sind, in noch größerem Umfang als bisher BP-Aktien abzustoßen, dann könnte dies den Zusammenbruch einer der größten Quellen von AAA-bewerteten Krediten auslösen.
BP ist ein Finanzcasino
BP vergibt durch Handel und Finanzgeschäfte weit mehr Kredit als die meisten Banken der Welt. So lange ein Energieriese seinen Cash-Flow durch die Preisschwankungen handhaben kann, wird es zu einer wahren Geld- und Kreditmaschine. Diese kann mit AAA-Bewertungen Kredite aufnehmen und an weniger kreditwürdige Unternehmen mit attraktiven Gewinnmargen Kredite vergeben. Doch damit ist Schluss, wenn das Kreditrating deutlich herabgestuft wird.
BP hat eine Cash-Reserve von 15 Milliarden Dollar angegeben, eine Summe, die zu Beginn der Katastrophe noch mehr als ausreichend zu sein schien, um für angerichtete Schäden aufzukommen. Doch wie es jetzt aussieht, wäre es ein Wunder, wenn die Kosten weniger als 20 Milliarden betrügen. Fitch, eine der Großen Drei amerikanischen Ratingagenturen, hat am 15. Juni das Kreditranking für BP um volle sechs Stufen von AA auf BBB heruntergestuft. Falls Moody's und S&P nachziehen, wird das Unternehmen dastehen wie die griechischen Staatsschulden nach der Herabstufung auf »Ramsch«, die im Frühjahr dieses Jahres die Finanzkrise in der EU ausgelöst haben.
Schon jetzt stoßen die Insider-Banken in dem Versuch, ihre Verluste zu minimieren, klammheimlich BP-Derivate und -Aktien ab. Das geschieht genau zu dem Zeitpunkt, wo die US-Wirtschaft in eine neue Phase eintritt, die selbst ein Establishment-Ökonom wie Paul Krugman mittlerweile als die »dritte Große Depression« bezeichnet.
Laut einem kürzlich veröffentlichten Moody’s-Bericht würde ein Bankrott von BP 117 so genannte Collateralized Synthetic Obligations (CSO) beeinträchtigen, was für viele unterschiedliche Inhaber solcher Papiere zu großen Verlusten führen würde. Die BP-CSOs machen alarmierende 18 Prozent sämtlicher ausstehenden CSOs aus, ein Hinweis auf das Ausmaß und die Wirkung der BP- Finanzgeschäfte weltweit. Erinnern wir uns, dass der Finanzkrach von 2008 vom Zusammenbruch anderer Derivate, nämlich den an amerikanische Eigenheimkredite gebundenen so genannten Collateralized Debt Obligations (CDO) und den Credit Default Swaps von Finanzunternehmen wie Lehman Bros. und des Versicherungskonzerns AIG ausgelöst wurde. Bei CSOs ist die Leverage noch weit stärker, sie sind riskanter und völlig unreguliert......................................
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